Samstag, 22. Februar 2014

i-pen fotografie

mein sonnenschirm, 2006


im heutigen blog 8 stelle ich eine art fotografie der besonderen, spielerischen und etwas verrückten  art vor. 

im jahr 2003 entdeckte ich per zufall in einem katalog eine digitalkamera der firma pretec mit speziellem design, gedacht für ein zielpublikum mit einem flair für nicht alltägliche massenware, oder einfach für leute mit experimentierfreudigem spieltrieb. die kamera ist verpackt und getarnt in einem kugelschreiber, und, weil so für potentielle fotoopfer nicht erkennbar, für „versteckte, spionageartige“ aufnahmetechniken vorgesehen. die auflösung mit 480x640 pixel war schon für die damalige zeit mickrig und eigentlich untauglich, um irgendein klares bild zu erzeugen. der sucher ist ein schlichtes loch, durch das man ohne probleme zahnstocher oder zahnseide hindurchstossen könnte. die zielgenauigkeit ist absolut ungenau und abhängig davon, in welchem winkel und wie nahe man sein auge ans loch heranzupressen versucht. dementsprechend schockierend war die ausbeute. viele bilder lagen neben dem ziel, der horizont oft in totaler schieflage. gespiesen wird  das „spionagetool“ von einer aaa-batterie, die nach ca. 50 bildern den geist aufgibt und mich zwingt, als wandelndes batterievorratslager in der welt herumzupilgern. um eben batterieenergie zu sparen, schaltet sich die kamera nach einigen sekunden aus. oft drücke ich auf den auslöser ohne zu bemerken, dass die kamera out of order ist und es dauert zu lange , bis sie wieder durch einen drehmechanismus aktiviert werden kann. schon manche schöne szene konnte so nie verewigt werden, und ist im universum darum nur als flüchtige energie gespeichert. 

die erste bilderserie auf dem monitor war ein schock. alle bilder flau und ohne farbe, eigentlich nur eine graue sauce, wie sie ein düsterer novembertag nicht besser bereitstellen kann. meine frustration entlud sich in der aggressiven bedienung der farbregler im photoshop unter verwünschungen der einfacheren art. trial and error war doch schon immer das motto der evolution – und siehe da, das universum wollte sich mit mir versöhnen und hatte mich auf die richtige fährte gebracht: phönix entstieg der grauen sauce und es entstanden plötzlich bilder mit fast kleeartigen, farbigen pixelrechtecken, die einen gemäldeartigen touch hervorzauberten. wunderbar zum ausdruck kommt dieses phänomen bei vergrösserungen ab 60 cm und mehr.

nun war der bann gebrochen, der jubel gross, und ich war nicht mehr zu halten. ich musste bereits aufpassen, dass der kugelschreiber nicht mit dem rechten auge verschmolz oder sogar anwuchs.


selbstporträt i-pen, 2011


die erscheinung des nicht mehr ganz jungen mannes mit einem kugelschreiber vor dem rechten auge und die begegnung mit diesem fotoalien erstaunt immer wieder viele zeitgenossen, die ihrer wahrnehmung auf einmal gar nicht mehr sicher sind. staunen, mitleidiges kopfschütteln, aber auch interessiertes nachfragen sind die reaktionen. ich kann die massen an offenen mündern nicht mehr zählen, und ich bin in diesem kontext auch immer wieder darüber entzückt, obschon ich ja eigentlich weit geöffnete münder in meiner früheren berufstätigkeit zur genüge kennengelernt hatte. diese grosse aufmerksamkeit, die diesem fototool und dem menschen dahinter entgegengebracht wird, lässt natürlich jeden fotospion sofort auffliegen.

leider, aber irgendwie auch verständlich, wurde die produktion dieses fotografierenden kugelschreibers eingestellt. erhältlich ist noch eine videoversion ohne sucher. das macht das erfassen eines sujets aber noch eine spur schwieriger.

vielleicht entdeckt die firma pretec ja auf grund obiger bilder das grandiose kreative potential dieses kugelschreibers neu und startet eine grossproduktion. 

das bild von blog 8 „ mein kleiner sonnenschirm“ gehört zu einer strandserie, die 2004 in kalabrien entstand. die ganze serie ist auf der homepage unter der neuen rubrik i-pen fotografie aufgeschaltet. das bild „ la mama am strand“ repräsentiert die italianità sehr schön. es war eine erheiternde szenerie, nicht nur perfekt gespielt, sondern auch umwerfend intoniert.

in meinem buch sind die bilder auf den seiten 21, 44 und 63 mit der i-pen kamera geschossen, ebenso das bild von blog 4.

Samstag, 8. Februar 2014

gehirn und wissen


wissenmachtschaft, 2006



das bild für blog 7 zeigt die mit stacheldraht eingezäunte fassade des bundeshauses und ist zugleich ein wortspiel.

in blog 6 habe ich mit dem thema kreativität viele unser gehirn betreffende begriffe wie dopamin, emotion, intuition, belohnungssystem, glück, limbisches system, „unbewusstes emotionszentrum“, stress und lernen kurz angeschnitten. 

sehen, erfühlen von bildern und erleben von kunst sind an gehirnprozesse gekoppelt. dies fordert uns unweigerlich dazu auf, mehr über diese abläufe in unserem gehirn zu lernen und zu verstehen.

ich werde, wie in früheren blogs angekündigt, von blog zu blog immer tiefer in die materie von gehirn, bewusstsein, unterbewusstsein und damit der quantenphysik eintauchen.

unser gehirn wiegt nur 1.4 kilogramm, ist aber das komplexeste organ mit einer weisheit aus 500 millionen jahren evolution. es ist immer eingeschaltet und steuert und reguliert alle körperfunktionen.

das gehirn besteht aus 2 hälften (hemisphären), welche durch den balken (corpus callosum) verbunden sind. früher ordnete man jeder hemisphäre spezifische funktionen zu. neuere untersuchungsmethoden zeigen aber, dass beide hälften ihre inhalte austauschen und ergänzen, also zusammenarbeiten. die gehirnleistung wird dadurch grösser.

bei musik zum beispiel verarbeitet die linke hälfte die tonelemente , die rechte die „melodie“. das resultat ist dann musik. einzelheiten in einem bild sehen wir links, das ganze bild rechts.
wir müssen uns somit von der vorstellung lösen, dass logik links und emotion/kreativität rechts entsteht. der mensch fühlt, denkt und handelt ganzheitlich dadurch, dass beide hemisphären sich austauschen. 

das gehirn  enthält ca. 100 milliarden neuronen (nervenzellen, vergleichbar mit der anzahl sterne in der milchstrasse).
ein neuron ist eine komplexe chemische fabrik, ein mikrokosmos. in jedem zellkern dieser neuronen sind alle 35‘000 gene des individuums enthalten. jedes neuron ist ein spezialist an seinem spezifischen ort, arbeitet aber immer in gruppen.

jedes neuron ist mit bis zu 10‘000 synapsen mit anderen neuronen verbunden. 60 billionen solcher kontaktstellen = synapsen gibt es im cortex. an diesen synapsenspalten findet die chemische übertragung mittels neurotransmitter und neuromodulatoren statt (wie zum beispiel mit hilfe des im letzten blog besprochenen botenstoffs dopamin).

es bilden sich während des ganzen lebens dauernd neue neuronen und synapsen, welche sich neu verschalten. dieser vorgang heisst neuroplastizität und ist beim lernen sehr wichtig. verminderte hirnleistung hat nichts mit dem alter zu tun, sondern ist abhängig vom training!

unser erleben, lernen, verhalten und damit unser bewusstsein und unsere identität, basieren auf dieser vernetzung der neuronen und ihren erregungsmustern. 

neuronen sind die atome der wahrnehmung und führen zu bewusstsein und wissen.

schafft wissen mehr macht? wie machtvoll ist wissenschaft? wer führt und leitet die wissenschaft in auch gerade ethischen bahnen?

quellen: christof koch, norbert herschkowitz, klaus grawe