Samstag, 25. Januar 2014

kreativität

door to wisdom, 2014



das bild „door to wisdom“ habe ich in der bahnstation der rbs in bolligen aufgenommen.

heutiges thema:  kreativität, von lat. creare, / “erzeugen“, schöpferische kraft, schöpferischer einfall

kreativität ist die fähigkeit zu divergentem denken (j.p.guilford), sowohl in kunst als auch in wissenschaft und erfindertum. 

aus altbekanntem neues schaffen, indem gewohnte denk-schemata durchbrochen, ersetzt und oft spielerisch neu zusammengesetzt werden.

woher kommen aber all die kreativen gedanken und aussergewöhnlichen ideen und die oft nicht konformen lösungsansätze von problemen?

ist kreativität eine in die wiege gelegte gabe oder ist sie lernbar? 

noch wenig erforscht sind die neurobiologischen grundlagen. emotionen scheinen aber unerlässlich zu sein für kreatives, unkonventionelles denken. kreative menschen haben breite interessen, sind leistungsmotiviert, aber auch emotional stabil. so können kreative sich besser einlassen auf das „künstlerische chaos“.  

stete neugier bringt uns voran und zwar über den neurotransmitter (gehirnbotenstoff) dopamin, einer vorstufe von noradrenalin und adrenalin (wichtig auch im stresssystem – mehr dazu in kommenden blogs).

dopamin (1954 entdeckt) steigert nämlich neugierde, phantasie, lernvermögen(!) und kreativität und fördert wohlbefinden, zufriedenheit und sogar lust auf sex. dopamin reguliert somit alle unsere gefühle und hilft uns via belohnungssystem (im limbischen system = „unbewusstes emotionszentum“) bei der entscheidungsfindung mittels fehleranalyse. so ist auch kreativität bestandteil des lernprozesses und ist trainierbar durch erhöhung der synaptischen plastizität (neubildung von nervenzellen und deren verbindungen).

dopamin ist aber auch der chemische hauptschalter bei sucht. zuviel dopamin wirkt wie eine droge. bei drogenkonsum wird dopamin vermehrt freigesetzt und löst in unserem belohnungssystem suchtverhalten und einen „glücksrausch“ aus. dies führt aufgrund der euphorie mit der zeit zu lähmender inaktivität.

dopaminmangel führt zur parkinsonerkrankung oder auch zu endogener depression.

kreative prozesse scheinen also von unserem unterbewusst arbeitenden limbischen gehirnsystem gesteuert zu sein, mehr als die vom cortex (=hirnrinde) gelenkte intelligenz. das könnte erklären, warum kreativität von der intuition/emotion lebt und kreative ideen und problemlösungen unbewusst vorbereitet werden! 

kreative einfälle entstehen und gedeihen besser in einem ruhigen, stresslosen umfeld, wie beim spazieren, tagträumen und meditieren mit schöner musik. stress und angst sind kreativitäts- und lernkiller!

apropos einfälle: am architektenkongress sagt der eine architekt zum andern: uns darf nichts einfallen! (carl auer)

der schritt vom hochkreativen menschen zum „spinner“ ist häufig klein. was früher oft zuerst als verrückte idee angesehen wurde, galt später als kreativ. aber auch hartnäckiges „dranbleiben“ und weiterverfolgen einer idee machten menschen berühmt.

da emotionen unser leben bestimmen und lenken, hängt künstlerischer erfolg auch davon ab, wie mit einem produkt beim publikum emotionale resonanz ausgelöst werden kann.

quellen: gerhard roth, antonio damasio, jonah lehrer, rainer holm-hadulla

ich freue mich auf eure diskussionsbeiträge in der kommentarspalte.


Samstag, 11. Januar 2014

fotojournalismus

lightdancers, 2010


ich begrüsse im neuen jahr alle treuen und neuen blogfollowers (die zahl wächst stetig), aber auch alle spontanreingucker, die nicht weniger herzlich willkommen sind, und wünsche allen ein glückliches 2014. 

wie viele von euch sicher bemerkt haben, erscheint meine homepage in neuem glanz. mein sohn sven hat alle register gezogen und viele neuigkeiten eingebaut. die herausragendste zeigt sich bei der bildbetrachtung. die bilder erscheinen viel grösser und passen sich an die bildschirmgrössen bis zu tablet und handy an.

das heutige thema heisst fotojournalismus und schnappschuss als kunstform, auf das ich mit dem bild " lightdancers" eingehen will.

sommer 2013 - ferien auf kefalonia – einer griechischen insel (belagert von viel mehr wespen als touristen). kurz nach meinem wundersamen überleben nach einer misslungenen operation – ausspannen, geniessen, sehen, erleben, aber auch wespen mit angezündetem kaffeepulver vertreiben (trick der einwohner und in jedem restaurant!). abseits vom meer ein restaurant mit einer kleinen terrasse, erhöht mit blick auf eine kleine strasse. jeden abend „das grosse theater“ live. das kommen und gehen, autos, mopeds – kurz: faszinierendes strassenleben pur. obwohl ich eigentlich nicht gerade der klassische fotojournalist bin, hatte ich, total fasziniert, die kamera immer bereit.

eines abends diese szene mit dem mann und dem mädchen, das ihm in einigem abstand folgend die hand entgegen streckt, verlangend, bittend, wütend, enttäuscht? was für eine geschichte spielt sich hier ab bei diesem gespenstischen licht, wie hat sie begonnen, und wie wird sie ausgehen? die bewegungsunschärfe des bildes verstärkt die dynamik. welche rolle spielt das auto, gehört es zu diesen personen? fragen über fragen – viel raum für die blühenden fantasien aller betrachter.

dieses bild gehört trotz der künstlerischen verfremdung in das genre des fotojournalismus, wo spezifische techniken und darstellungen gewählt werden. die street photography ist da weniger wählerisch, deren vertreter werden oft auch obsessive knipser genannt.

fotojournalismus – fotografieren – heisst situationen erkennen, beobachten, diese fotografisch festhalten und verdichten und für immer diesen einen moment bewahren. geschichten erzählen, emotionen wecken, vielleicht sogar betroffenheit auslösen und dem betrachter das gefühl geben, dabei zu sein, teilzuhaben.

voyeurismus des fotografen, aber auch des betrachters?! wichtigster grundsatz ist immer die wahrung der ethik beim kreieren solcher bilder (es gibt immer strengere gesetze bezüglich persönlichkeitsschutz – deutschland ist da besonders rigoros). das leben fotografieren verlangt vom menschen hinter der kamera den ganzen einsatz als person mit ihrem individuellen, ethischen hintergrund.

berühmte vertreter waren und sind zum beispiel der franzose henri cartier-bresson (1908-2004) – „das auge des jahrhunderts“ genannt – der meister des entscheidenden augenblicks. nonstop seine leica in den händen, aber an technik uninteressiert, arbeitete er vor allem mit dem einzelbild. 

robert frank (1924), in zürich geboren und in die usa emigriert, glaubt nicht an den entscheidenden augenblick, sondern ist überzeugt, dass man ihn herbeiführen muss. er liebt die abfolge von bildern und so ordnet er diese thematisch in einem buch zu einem gedicht, einem kunstwerk ("die amerikaner“, 1960). 

robert capa (1913-1954), der wohl berühmteste kriegsfotograf, der sein leben für die fotografie im vietnamkrieg opferte, sagte: "wenn deine bilder nicht gut genug sind, warst du nicht nah genug dran“. das meinte er nicht räumlich, sondern emotional.

die heutigen fotografischen ausrüstungen erlauben es jedem, technisch gute bilder zu machen. alle, die fähig sind, zu sehen und zu beobachten, können im prinzip fotografieren. 

es ist aber eben nicht die ausrüstung, es ist nicht handwerk oder technik allein, sondern der mensch hinter der kamera, der das bild kreiert, der seine persönliche sichtweise ausdrückt, mit herz und aus seinem emotionalen erfahrungsschatz und erfahrungsgedächtnis heraus.

cartier-bresson sagte: "die menschen kümmern sich zuviel um fotografische technik und zu wenig um das sehen.“

übung im sehen nach innen und nach aussen führt zur meisterschaft.