l'inconnu, 2001 |
liebe blogfollowers
der blog wird ab sofort alle drei
wochen erscheinen. viel spass!
das bild heisst „l’inconnu“ und
ist ein schönes beispiel dafür, was die bewegte kamera kreieren kann.
actionsampler von lomo
die geschichte erinnert stark an jene
in blog 8 geschilderte story mit dem i-pen. wir bewegten uns zeitlich immer noch
in der analogen kamerawelt, ungefähr im jahr 1997. es geschah wieder am helllichten
tag, ausgelöst und inszeniert von einem versandkatalog. und glaubt mir – ich
bin nun wirklich kein versandkatalogfan, aber das universum mit seinen oft
kuriosen zufällen stiess mich förmlich mit der nase darauf.
in einem inserat wurde eine kleine
wunderkamera angepriesen, umrahmt von spielenden kindern und einer breit und
überglücklich lachenden grossmutter. mein interesse galt weniger diesen lachenden,
glücklichen menschen, als vielmehr der begründung für dieses unermessliche
glück.
die kamera hatte nicht nur ein
objektiv, nein, sie hatte deren vier vorzuweisen, angeordnet als quadrat. wenn
bei der aufnahme der kameraverschluss ausgelöst wird, dreht sich hinter den
vier objektiven eine scheibe, die ein loch aufweist. während rund einer
sekunde, solange dauert der ganze aufnahmeprozess, dreht sich diese scheibe mit
dem einen loch hinter den vier objektiven, lässt so bei einem objektiv nach dem
andern licht hindurch und belichtet den kleinbildfilm dahinter. auf diesem
kleinbildformat 24x36mm werden also statt einem bild ganze vier bilder in
dementsprechend kleinerem format abgebildet, mit dem ziel, diese zu
verschenken.
selbstporträt, 1998 |
sofort übte diese kleine schwarze plastikkamera, eigentlich eine art lochkamera, an der es nun technisch wirklich nichts einzustellen gibt, eine unwiderstehliche faszination auf mich aus. vor allem die dauer der vier aufnahmen während einer sekunde – das schrie nach kreativer umsetzung! die kamera war dafür ausgelegt, dass ein bewegtes objekt oder eine actionszene fotografisch festgehalten werden kann. was würde aber geschehen, wenn ich selber während dieser sekunde die kamera stark bewege?
ich konnte die ersten
knipsversuche kaum erwarten. vor allem überrascht und begeistert war ich primär
von der abbildungsleistung dieser vier plastiklinsen in miniaturgrösse, was zusätzlich
auch auf die starke weitwinkelausrichtung der linsen zurückzuführen ist. eine
vergrösserung bis a2/a1 ist möglich!
der absolute knüller aber ist diese aufnahmesekunde. ich kann
einerseits die kamera ganz ruhig halten und so vier praktisch identische bilder
schiessen. schon die vierfache wiederholung des gleichen bildes übt einen
speziellen künstlerischen reiz aus. wenn ich aber andererseits die kamera rasch
bewege, erhalte ich vier verschiedene bilder mit mehr oder weniger starker bewegungsunschärfe.
auch wenn ich ein schneller berner bin, bin ich viel zu langsam im bewegen der kamera,
wenn ich durch den aufklapparen sportsucher guckend, die kamera am auge
behalte. ich trickse das system aus, indem ich das ausgangsbild anvisiere, dann
auslöse und die kamera sofort und schnell in einer vorher geübten bahn wild
durch die luft wirble.
es braucht nicht viel fantasie, um
sich die wiederum verdutzten gesichter der zeitgenossen vorzustellen, die jeweils
ungewollt zeugen einer aktion der besonderen
art werden, sobald der wilde mann diese kleine kamera durch die luft wirbelt.
eine aktion mit fast signerschen ansätzen, allerdings ohne explosionen und
meist ohne zerstörung (roman signer, schweizer künstler).
nicht ganz – viele „fliegende“
kameras sind an ihrer feder zerbrochen, die das ominöse verschlussrad
antreiben, kaputtgestossen durch die wilden bewegungen in der luft. die
unregelmässige geschwindigkeit dieses verschlussrades führt leider oft dazu,
dass eines der vier bilder unterbelichtet ist, gerade nach einem rasanten
„achterbahntrip“ der kamera.
das ganze system bietet alle kicks,
aber auch nachteile der analogen fotografie: der preis eines films, und das warten,
bis die filme entwickelt aus dem labor zurückkommen. da diese kamera keinen
belichtungsmesser hat, müssen die lichtverhältnisse wie vor hundert jahren abgeschätzt
werden. so laufe ich immer mit zwei kameras gleichzeitig durch die welt, mit
einem niedrig empfindlichen film in der einen und einem hochempfindlichen in
der anderen kamera. das hat zusätzlich den vorteil, dass eine reservekamera
vorhanden ist, falls die andere zu schrott „bewegt“ wurde.
es verging einige zeit, bis ich
merkte, dass diese kamera zu der ein bisschen schrägen welt der lomos gehört und
das ganze sich lomographie nennt. heute
gibt es eine riesige fangemeinde, mit einem absoluten treuecredo für die
analoge fotografie. in berlin zum beispiel gibt es, wie auch in anderen städten,
riesige shops, gefüllt mit lomokameras für jeden gusto. unter www.lomo.de erfährt man mehr über den hype mit
der lomografie.
Lieber Urs
AntwortenLöschenFür die High-Teck-Freaks gibt’s etwas Ähnliches in digitaler Form. Ich habe eine Sony-Kamera, klein, handlich und nur etwa 1 cm dick, ich glaube es ist eine TX-10 (steht leider nirgends drauf).
Diese Kamera kann ganz normale Bilder machen, was allerdings nicht sehr interessant ist. Sie hat aber auch eine Funktion mit der ganze 10 Bilder nacheinander aufzunehmen sind, was, wen wundert’s, einen unweigerlich dazu verleitet, die Kamera nicht eben bewegungslos zu halten. Zum Glück hat sie einen Bändel, welchen sie davor schützt, nicht auch noch davon zu fliegen. (Dies überlassen wir dann der nächsten Kamerageneration mit eingebauter Helikopterfunktion).
Herzliche Grüsse Peter
www.PeterAndres.ch
Lieber Peter
AntwortenLöschenVielen Dank für Deinen erfrischenden Beitrag zum Thema fliegende Krativität. Die kleinen Helikopter mit unten befestigter Actionkamera gibts ja bereits - zum fröhlichen Ausspionieren des Nachbargartens.
Herzliche Grüsse
Urs